Unternehmen existieren, um Gewinne zu erzielen?
Eine Gewinnerzielungsabsicht ist schließlich eine Voraussetzung dafür, dass ein Betrieb überhaupt gewerblicher Natur ist. Auf der anderen Seite empfinden die wenigsten Unternehmerinnen und Unternehmer – gerade im mittelständischen Bereich – das Erzielen eines Gewinns als oberste Priorität eines Unternehmens. Ganz im Gegenteil: Viele Unternehmen sind entweder produktorientiert oder personalorientiert, was bedeutet, dass sich Unternehmerinnen und Unternehmer an erster Stelle entweder um das Produkt oder um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern. Sie bauen ihr Unternehmen um diese Faktoren herum auf. Konsequenterweise äußern die wenigsten Unternehmerinnen und Unternehmer, dass ihr Hauptinteresse dem Geld gilt, egal wie sie es verdienen.
Bei vielen stehen andere Sorgen im Vordergrund, beispielsweise der Fachkräftemangel oder schwindende Märkte für ihr Produkt. Dass dadurch der Erlös immer kleiner wird, ist die logische Folge.
Steuerberatung übernimmt häufig das komplette Mahnwesen
In dem Trend, so viel wie möglich auszulagern und sich selbst nur noch um die zentralen Fragen des Unternehmens zu kümmern, bekommen Steuerberaterinnen und Steuerberater eine immer größere Bedeutung. Gerade kleine Unternehmen neigen dazu, so viele personelle und finanzielle Verwaltung wie möglich zur Steuerberatung ihres Vertrauens auszulagern.
Teilweise geht das so weit, dass Unternehmerinnen und Unternehmer nur noch Rechnungen ausstellen und diese zusammen mit sämtlichen anderen Belegen an die Steuerberatung zur Verbuchung schicken. Steuerberaterinnen und Steuerberater, die dann auch Zugriff auf die Girokonten ihrer Mandantin haben, kontrollieren und verbuchen Geldeingänge, erstellen Vorschlagslisten für Zahlungen und überwachen den kompletten Geldverkehr. Sie ersetzen damit vollständig die Buchhaltung der Mandantin.
Auslagerung kann zu Unstimmigkeiten führen
Solange alle Kunden pünktlich zahlen und alle Zahlungen an Dritte pünktlich überwiesen werden, gibt es hier keine Schwierigkeiten. Das Ganze kommt jedoch ins Stocken, wenn ein Kunde nicht zahlt oder sogar mehrere Kunden die Rechnungen nicht pünktlich oder nicht vollständig begleichen. Denn zusammen mit allen anderen Dingen hat die Mandantin auch das Mahnwesen an die Steuerberatung ausgelagert, und dieses Mahnwesen wird von der Steuerberatungs-Software auch oft automatisch angeboten.
Mit dieser Dienstleistung haben Steuerberaterinnen und Steuerberater allerdings auch die Verantwortung für das Mahnwesen (und für dessen Erfolg!) übernommen, und die Mandantin sieht sich nicht mehr in der Pflicht. Im schlimmsten Fall kommt es dann zu Reibungen zwischen Mandantin und der Steuerberatung, und das je schneller, je wichtiger der gemahnte Kunde für das Unternehmen ist: Unternehmerinnen und Unternehmer verstehen nicht, wie Steuerberaterinnen und Steuerberater den wichtigsten Kunden eine Mahnung schicken konnten, und Steuerberaterinnen und Steuerberater verstehen nicht, warum ihre Mandantin gerade bei dem Kunden, der so wichtig für den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens ist, so nachlässig mit den Forderungen umgeht.
Zudem können Unternehmerinnen und Unternehmer im Gespräch mit dem angemahnten (und oft deshalb verärgerten) Kunden eigentlich gar keine qualifizierten Aussagen zur Mahnung treffen, da sie diese gar nicht verschickt haben, und Steuerberaterinnen und Steuerberater können dem Kunden selbstverständlich nicht Rede und Antwort stehen – dafür fehlt ihnen schlicht die Fachkompetenz aus der unternehmerischen Beziehung.
Fehlendes Mahnwesen ist keine Option
Weitaus schlimmer stellt sich die Lage natürlich dar, wenn die Mandantin gar kein Mahnwesen hat oder dies nur nachlässig betreibt: Oft sind es tatsächlich Steuerberaterinnen und Steuerberater, die auf die sinkenden Einnahmen und die steigenden debitorischen Forderungen aufmerksam werden.
Durch die Verlagerung von Aufgaben und Verantwortlichkeiten wird ein gut strukturiertes und koordiniertes Mahnwesen immer wichtiger. Da Steuerberaterinnen und Steuerberater in jedem Mahnwesen eine wesentliche Rolle spielen, sollten sie auch auf die richtigen Rahmenbedingungen hinweisen.
Rahmenbedingungen müssen geschaffen werden
Dazu gehört an erster Stelle, dass die Mandantin ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen regelmäßig überprüft und aktualisieren lässt. Dabei sind einige neuralgischen Punkte zu beachten:
- Gibt es einen (verlängerten und erweiterten) Eigentumsvorbehalt, der juristisch sauber formuliert ist?
- Wird hinsichtlich der Kundengruppen zwischen gewerblichen Kunden und Verbrauchern unterschieden?
- Ist überhaupt eine Verzugsregelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen definiert, oder greift die Mandantin lieber auf die gesetzlichen Bestimmungen zurück?
Sodann sollte der Ablauf des Mahnwesens genauer beleuchtet werden; vielleicht muss er sogar erst einmal definiert werden:
- Unter welchen Voraussetzungen soll ein Mahnlauf überhaupt in Gang kommen?
- Soll der Vertrieb der Mandantin mit einbezogen werden, oder soll der Vertrieb um solche (oftmals problematischen und damit für die Mitarbeiter belastenden) Dinge lieber entlastet werden?
- In welchen zeitlichen Abständen soll gemahnt werden, und in wie vielen Stufen (mindestens zwei!) soll gemahnt werden?
- Sollen bestimmte Kunden vielleicht generell mit einem Mannstopp versehen werden, oder sollen bestimmte Kundengruppen niemals einen Mahnstopp erhalten?
Ebenso müssen Maßnahmen festgelegt werden, die ergriffen werden sollen, wenn der Kunde auch nach der letzten Mahnstufe nicht zahlt:
- Unter welchen Bedingungen wird die Forderung einfach als uneinbringlich gekennzeichnet und dann nicht weiter verfolgt?
- Mit welchem Inkassounternehmen oder welchem Rechtsbeistand soll zusammengearbeitet werden?
- Wollen Unternehmerinnen und Unternehmer auch hier bestimmte Vorgaben machen, beispielsweise welche Forderungen zunächst einmal per Mahnbescheid angegangen werden sollen und welche Forderungen direkt eingeklagt werden sollen?
Letztlich sind auch interne Abläufe beim Unternehmen abzustimmen:
- Unter welchen Umständen wird das Konto eines säumigen Kunden gesperrt, und wie wird sichergestellt, dass das passiert?
- Wer kann eine solche Kontosperre unter welchen Umständen wieder aufheben?
- Wie kann (insbesondere im Online-Bereich) sichergestellt werden, dass der Kunde sich nicht selbst ein neues Kundenkonto anlegt, beispielsweise indem er einfach eine andere E-Mail-Adresse angibt?
Fazit
Die in diesem Zusammenhang zu klärenden Fragen greifen tief in die Organisation der Mandantin ein, teilweise tiefer, als ein steuerberatendes Mandat überhaupt gehen kann. Nichtsdestotrotz bilden sie die Grundlage für ein funktionierendes Mahnwesen, das wiederum für den finanziellen Erfolg des Unternehmens immer wichtiger wird.
Die Wirtschaftslage wird derzeit nicht stabiler, und die Zahlungsmoral, die in manchen Sektoren noch nie die Beste war, sinkt stetig. Andererseits zwingen Gesetzgeber und Rechtsprechung die Steuerberaterinnen und Steuerberater immer mehr dazu, sich auch um den wirtschaftlichen Erfolg ihrer Mandantin zu kümmern. Da ist ein gut aufgestelltes Mahnwesen ein entscheidender Baustein.
Autoren : Uppenbrink / Frank
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